Politik

Lauterbach will Homöopathie als Kassenleistung streichen

Die Krankenkassen sollen künftig nicht mehr für homöopathische Behandlungen zahlen. Gesundheitsminister Lauterbach will damit vor allem deutlich machen, dass Kassenleistungen einen wissenschaftlich nachgewiesenen medizinischen Nutzen haben müssen

Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister

Wissenschaftlicher Konsens ist, dass für homöopathische Behandlungen keine Wirkung nachgewiesen ist, die über Placebo-Effekte hinausgeht: Deswegen will Gesundheitsminister Lauterbach nun die Homöopathie als Kassenleistung streichen. Foto: Jörg Carstensen

Homöopathische Behandlungen sollen nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht länger von den Krankenkassen bezahlt werden. Lauterbach kündigte am Donnerstag in Berlin an, er werde „in Kürze“ eine entsprechende gesetzliche Regelung vorlegen. Die Union kritisierte, der Gesundheitsminister verliere sich in Details, statt die Finanzen der Krankenkassen grundlegend zu stabilisieren.

So viel soll der Plan einsparen

Lauterbach zufolge werden die Kassen schätzungsweise 20 bis 50 Millionen Euro pro Jahr sparen, eine geringe Summe im Vergleich zu den Gesamtausgaben der Krankenkassen von voraussichtlich knapp 300 Milliarden Euro im vorigen Jahr. Dem GKV-Spitzenverband zufolge haben die Krankenkassen im Jahr 2021 (aktuellste Zahl) für homöopathische und anthroposophische Arzneimittel rund 22 Millionen Euro ausgegeben.

Es komme im Fall der Homöopathie indes nicht auf die Höhe der Einsparungen an, sagte Lauterbach. Es gehe ums Prinzip: Grundlage dessen, was vergütet werde, müsse der wissenschaftliche Sachstand sei. Homöopathie habe nach wissenschaftlichem Sachstand keinen medizinischen Nutzen: „Die Krankenkassen sollten nicht Leistungen bezahlen, die medizinisch nichts bringen“, sagte Lauterbach.

In der Gesundheitspolitik müsse gelten, was auch in der Klima- oder Umweltpolitik entscheidend sei: Die Regierung handele auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, erklärte Lauterbach. Im Internetdienst X (vormals Twitter) schrieb der Minister: „Auch den Klimawandel können wir nicht mit Wünschelruten bekämpfen.“

So gehen die Krankenkassen vor

Die Krankenkassen entscheiden selbst, ob sie homöopathische Behandlungen bezahlen. Von den 94 Kassen übernimmt nach Angaben des GKV-Spitzenverbands der Großteil die Kosten in unterschiedlicher Höhe. Teilweise zahlen die Kassen die Therapie, teilweise die homöopathischen oder anthroposophischen Arzneimittel ganz oder anteilig bis zu unterschiedlichen Obergrenzen.

Grundlage der Kostenübernahme sind Sondervorschriften mit geringeren Anforderungen an den Nachweis der Wirksamkeit bei besonderen Therapierichtungen. Diese Sondervorschriften könnten auch wieder gestrichen werden, erklärte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz.

Die Kostenübernahme für Homöopathie ist seit langem umstritten. Lauterbachs Vorgänger Jens Spahn (CDU) hatte vor knapp fünf Jahren bei dem damaligen Streit um die Leistungen erklärt, die Einsparungen seien so gering, dass es für ihn in Ordnung sei, wenn die Kassen weiterhin für Homöopathie bezahlten. Lauterbach sieht das nun anders.

In der Homöopathie werden extrem verdünnte Stoffe in Form von Kügelchen (Globuli) oder Tropfen verabreicht. Die Lehre des Homöopathie-Begründers Samuel Hahnemann (1755-1843) geht davon aus, dass damit die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert werden. Die Homöopathie steht seit ihren Anfängen der Schulmedizin kritisch gegenüber - und umgekehrt.

Wann Homöopathie gefährlich wird

Homöopathische Mittel sind bei einem Großteil der Deutschen aufgrund geringer Nebenwirkungen sehr beliebt - aus Sicht von Wissenschaftlern bergen die weißen Kügelchen hingegen eine große Gefahr. Es kann sogar lebensbedrohlich enden. Wie Wissenschaftler das Gefahrenpotential einordnen, lesen Sie hier.

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