Rotenburg

Mit dem ehemaligen Oberkreisdirektor Gerhard Blume im Kreis Rotenburg

Gerhard Blume, ehemaliger Oberkreisdirektor des Landkreises Rotenburg, inzwischen 88 Jahre, hat sich einen Ruhestand geschaffen, um dessen Inhalte man ihn beneiden kann. Er streift mit der Kamera durch die Natur.

Der begeisterte Jäger Gerhard Blume

Der begeisterte Jäger Gerhard Blume streift mit der Kamera durch die Natur. Foto: Bonath

Längst hat der begeisterte Jäger seine Waffen beiseitegelegt. Das Fernglas und der Fotoapparat sind inzwischen die wichtigsten Teile seiner Ausrüstung, der schwere grüne Lodenmantel und die Gummistiefel für die Pirsch sind der leichteren Jacke und bequemen Lederhalbschuhen gewichen. Aber auf seinen Hut, den Gerhard Blume seit Jahrzehnten trägt, wenn es hinaus in die Natur geht, will der ehemalige Verwaltungschef, der seit Jahrzehnten in Rotenburg lebt, nicht verzichten.

Es ist kurz nach 10 Uhr, als wir uns zu einer Rundreise in den südlichsten Bereich des Kreises Rotenburg in den grünen Skoda von Blume setzen. Ohne den pechschwarzen Labrador Enzo, der Gerhard Blume über viele Jahre begleitet hat und inzwischen gestorben ist.

Bevor es über die B 440 in Richtung Visselhövede, in das Land mit großen Feldern, den Dörfern, Einzelgehöften, Wiesen, Weiden und Privatwäldern sowie der jahrtausendalten Geschichte geht, fällt der Blick bei Blume auf Trophäen von Reh-, Rot-, Dam-, Schwarz- und Gebirgswild. Zeugnisse einer Passion, die der in Hessisch-Oldendorf bei Hameln aufgewachsene Blume schon in jungen Jahren nachging. Heute sind es Relikte einer Waidmann-Vergangenheit, die für ihn abgeschlossen ist und von Naturschutz abgelöst wurde.

Dazu die Steinesammlung. Uralt, von Granit bis Sandstein, jeder Stein einmalig. Mit Stolz zeigt Gerhard Blume Fotos und schriftliche Aufzeichnungen seiner Familie, die aus Bremen und Hessisch-Oldendorf stammt und von ihm akribisch zu Büchern gestaltet wurden. Dazu eigene Tier- und Landschaftsfotos, exzellent in Technik und Qualität. Oft, wenn es die „zeitliche Luft“ in Sitzungen erlaubte, griff Gerhard Blume zu Bleistift und Kugelschreiber und zeichnete kleine Bilder: (originelle) Darstellungen von Tieren.

Interesse für Grabung bei Wittorf


Die Fahrt führt zu der großen Sandkuhle am Rand von Wittorf, wo vor über 30 Jahren zwei Schülerinnen bei einem Spaziergang durch Zufall auf Keramikscherben alter Urnen stießen. Eingeleitet von Dr. Wolf-Dieter Tempel, dem damaligen Leiter der Kreisarchäologie, wurden bei einer Reihe von Grabungen unter anderem ein großer Urnenfriedhof aus der Bronze- und Eisenzeit freigelegt und gesichert.

Darüber hinaus eine eisenzeitliche Befestigung aus der Zeit von 500 bis 400 vor Christus, bei der es sich um die nördlichste Wehranlage dieser Epoche in Niedersachsen handelt. Außerdem fand man neben dem Gräberfeld aus der gleichen Periode eine sächsische Siedlung aus dem Frühmittelalter.

Die Ausgrabung bei Wittorf wurde deutschlandweit unter Archäologen zu einem Begriff. Die Kreisarchäologie hat inzwischen die Grabungen unter Leitung von Grabungstechniker Ingo Neumann im letzten Teilbereich des Friedhofs fortgesetzt. Unterstützt wird er dabei von Michel Harmsen aus Scheeßel, einem Schüler der Eichenschule mit besonderem Interesse für Archäologie.

„Wittorf ist eine der bedeutendsten Fundstellen im Landkreis Rotenburg und sicherlich auch darüber hinaus. Besonders die kreisförmige Befestigung der Eisenzeit ist für den gesamten norddeutschen Bereich von außerordentlicher Bedeutung“, erklärt Kreisarchäologe Dr. Stefan Hesse.

Kurz nach 11 Uhr. Die Fahrt geht weiter in Richtung Jeddingen. Gerhard Blume: Typisch seien für diesen Bereich, wo sich die Grenzen der Landkreise Rotenburg, Verden und der Heidekreis treffen, die einstelligen Höfe. Weshalb diese viele Jahrhunderte alten Lehnshöfe stets in unmittelbarer Nähe der Grenzen angesiedelt worden seien, so Blume, könne er nur vermuten: Möglichst weit weg vom Landesherrn … oder aus Gründen der Verteidigung bei überraschenden Angriffen?

Die Lehrde: Seit Jahrhunderten ein Grenzfluss


Wie auch immer: Der 88-Jährige lenkt seinen Skoda auf den Königshof, der heute in Besitz der mit ihm befreundeten Familie Lackmann ist. Niemand ist zu sehen. Blume nimmt sich zwei Eimer, füllt sie mit Maissilage und bringt das Futter in den nahen Wald: „Das“, bemerkt er, „ist zu dieser Jahreszeit nicht erlaubt. Soll deshalb nur eine Demonstration sein.“ In harten Wintern bringt Gerhard Blume Wildtierfutter an speziellen Plätzen immer wieder aus, um den Tieren zu helfen und um vom Hochsitz aus Fotos zu schießen.

Die Fahrt geht weiter, Ziel ist Stellichte im Heidekreis mit seinem Kleinod, der 400 Jahre alten Kapelle, das zu dem gegenüberliegenden Rittergut der Familie von Behr gehört. Blume versäumt es nicht, das prächtige Portal der Gutskapelle zu fotografieren.

Immer wieder über holprige Kopfsteinpflasterstraßen, gesäumt von alten Eichen, geht die Fahrt an die Lehrde, seit Jahrhunderten Grenzfluss. Ein Gewässer, das sich durch eine zauberhafte Landschaft schlängelt.

Zurück geht es über Kirchwalsede, Süderwalsede und Unterstedt nach Rotenburg zu Blumes Haus am Rande der Wümme-Niederung in Rotenburg.

Die Ausgrabung Wittorf

Die Ausgrabung Wittorf wurde deutschlandweit unter Archäologen zu einem Begriff. Jetzt sind die Grabungstechniker im letzten Teilbereich angelangt. Foto: Bonath

Wieland Bonath
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