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Bund wird Mehrheitsaktionär bei Uniper

Vor dem Hintergrund des russischen Gas-Lieferstopps wird der Bund Mehrheitsaktionär bei Deutschlands größtem Gasimporteur Uniper. Nach dem Erwerb der Uniper-Anteile von Fortum werde der Bund circa 98,5 Prozent der Anteile an Uniper besitzen.

Deutschland übernimmt die Mehrheit beim Energieimporteur Uniper.

Deutschland übernimmt die Mehrheit beim Energieimporteur Uniper. Foto: dpa

Die Bundesregierung, der Energiekonzern Uniper und der bisherige Uniper-Mehrheitseigentümer Fortum haben sich auf eine weitgehende Verstaatlichung von Uniper verständigt. Am Mittwoch wurde ein entsprechendes Stabilisierungspaket für Uniper unterzeichnet, wie das Unternehmen in Düsseldorf mitteilte. Es sehe eine Kapitalerhöhung und den Erwerb der Uniper-Anteile von Fortum vor, berichtete Fortum. Anschließend werde der Bund etwa 98,5 Prozent der Anteile an Uniper besitzen.

Noch unter Vorbehalt

Die staatliche KfW-Bank werde Uniper Finanzmittel entsprechend ihrem Liquiditätsbedarf zur Verfügung stellen, berichtete Uniper weiter. Dazu zähle auch die Ablösung einer Kreditlinie von Fortum, die aus einem Gesellschafterdarlehen in Höhe von vier Milliarden Euro sowie einer sogenannten Garantielinie in Höhe von ebenfalls vier Milliarden Euro bestehe. Die Stabilisierungsmaßnahmen stehen noch unter Vorbehalt. So stünden noch Genehmigungen der EU-Kommission aus. Im vierten Quartal 2022 soll eine außerordentliche Uniper-Hauptversammlung die Maßnahmen beschließen.

Fortum hält derzeit knapp 78 Prozent an Uniper. Fortum selbst gehört zu knapp 51 Prozent dem finnischen Staat. Schon im Juli hatten sich die Bundesregierung, Uniper und Fortum auf ein milliardenschweres Rettungspaket geeinigt. Es hatte bereits eine Minderheitsbeteiligung des Bundes vorgesehen. Am 14. September hatte Uniper mitgeteilt, dass bei den Gesprächen über das Stabilisierungspaket auch eine Kapitalerhöhung geprüft werde, die zu einer «signifikanten Mehrheitsbeteiligung» des Bundes an Uniper führen würde.

Uniper spielt zentrale Rolle in der Erdgasversorgung

Uniper ist in Schieflage geraten, weil Russland kein Gas mehr nach Deutschland pumpt. Der Gas-Großhändler ist Lieferant für über 100 Stadtwerke und große Unternehmen und spielt damit eine zentrale Rolle für die Erdgasversorgung von Deutschland. Das aus Russland fehlende Gas muss sich das Unternehmen jetzt teuer auf dem Gasmarkt kaufen. Zuletzt hatte Uniper von täglichen Verlusten in Höhe von über 100 Millionen Euro gesprochen.

Der Bund ist in der Vergangenheit bereits mehrfach Unternehmen finanziell zur Seite gesprungen, etwa in der Corona-Krise der Fluggesellschaft Lufthansa oder dem Reiseanbieter Tui. Unter dem Druck der Finanzkrise beteiligte sich der Staat Anfang 2009 an der Commerzbank. Beobachter gehen davon aus, dass die Uniper-Übernahme durch den Bund die größte Rettungsaktion für ein einzelnes Unternehmen in der bundesdeutschen Geschichte ist.

Spahn: Gasumlage braucht es nicht mehr

Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn begrüßte am Dienstag die bevorstehende Verstaatlichung - es brauche aber Klarheit über Kosten und die Rolle des finnischen Großaktionärs. Spahn sagte im Fernsehsender Welt: „Wir wollen gerne mal sehen, welche Milliardensummen mittlerweile insgesamt für Uniper aufgewendet worden sind. Und eines ist auch ziemlich klar: Die Gasumlage braucht es dann erst recht nicht mehr, wenn es ein Staatsunternehmen ist, dann sollte eben auch der Staat dort entsprechend über Bürgschaften zum Beispiel die Gaslieferungen absichern, aber nicht die Bürger zusätzlich belasten. Die Gasumlage gehört abgeschafft. Das ist spätestens jetzt klar.“

Auch nach Ansicht des energie- und klimapolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Andreas Jung (CDU), ist die Umlage nicht mehr zu halten. „Wenn schon ihr Erfinder sogar die Rechtmäßigkeit in Frage stellt, gibt es kein Halten mehr“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Die Gasumlage muss weg. Die Ampel muss jetzt zurück auf Los und das Gesamtgebäude von Stützung und Unterstützung in der Energiekrise neu bauen.“

Habeck sieht „finanzverfassungsrechtliche Zweifel“

Angesichts der möglichen Verstaatlichung Unipers hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zuvor „finanzverfassungsrechtliche Zweifel“ geäußert. Auch soll Habeck demnach angedeutet haben, dass der Finanzierungsbedarf für die Gasversorger deutlich höher liege als noch bei der Aushandlung des ersten Rettungspakets für Uniper. Es werde zunehmend deutlich, dass die instabile Lage „die Macht und die Garantie des Staates sowie alle Finanzkraft des Staates“ brauche, die nötig sei, hieß es. Die finale Prüfung und Zuständigkeit für das Finanzverfassungsrecht obliege aber dem Finanzministerium. Zuvor hatte das ARD-Hauptstadtbüro über die Bedenken Habecks berichtet.

Vom Bundesfinanzministerium hieß es am Dienstagabend: „Es bestehen keine Rechtsbedenken. Wirtschaftsminister Habeck kann wie geplant die von ihm vorgeschlagene Gasumlage einführen.“

Grüne: Uniper-Mehrheit schafft Stabilität in Krisenzeiten

Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Dieter Janecek, sagte der „Rheinischen Post“: „Sollte der Bund kurzfristig gezwungen sein, mit weiteren Milliarden eine Mehrheitsbeteiligung von Uniper anzustreben, ist in der Folge der Großteil des Gas-Einkäufermarkts in staatlicher Hand.“ Das schaffe auf der einen Seite zusätzliche Stabilität in Krisenzeiten. „Gleichzeitig muss das Bundesfinanzministerium nun abschließend und schnell klären, ob eine Gasumlage unter diesen Umständen finanzverfassungsrechtlich unbedenklich bleibt. Alternativ ist eine direkte Stützung durch Haushaltsmittel immer noch ein gangbarer Weg, den wir als Grüne nie ausgeschlossen haben.“

FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte schnelle Klärung vom Wirtschaftsminister. „Bundeswirtschaftsminister Habeck hat die Gasumlage ins Spiel gebracht, und ich gehe davon aus, dass er in Kürze Klarheit schaffen wird, auf was sich die Verbraucherinnen und Verbraucher einstellen müssen. Nichtstun ist in keinem Fall eine Option“, sagte er der „Rheinischen Post“.

Mittelständische Wirtschaft fordert Aus für die Gasumlage

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) dringt auf ein Aus der Umlage. Sie sei von Beginn an mit «heißer Nadel gestrickt und von handwerklichen Fehlern durchzogen» gewesen, sagte der BVMW-Bundesvorsitzende Markus Jerger den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). Viele Unternehmen hätten für die Erklärungen zur Gasumlage aus dem Bundeswirtschaftsministerium nur noch Unverständnis übrig. Der Verbandschef forderte die Bundesregierung auf, mehr für eine preisliche Entlastung bei der Energie zu tun.

Mit der Gasumlage sollen Importeure gestützt werden, die wegen der hohen Einkaufspreise in Schwierigkeiten geraten. Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde festgelegt. Die ersten Abschlagszahlungen sollen nach aktuellem Stand frühestens im November an Unternehmen gehen. Eingeführt werden soll die Umlage zum 1. Oktober. Habeck bemüht sich, den Kreis berechtigter Firmen so einzuschränken, dass nur Unternehmen in Not profitieren.

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