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Schnapsleichen und Blumensträuße: Über den Sinn von Vater- und Muttertag

Die einen betrinken sich, die anderen betrinken sich auch – machen dabei aber eine Bollerwagentour. Ganz richtig: Der Vatertag ist gemeint. Kurz danach folgt der Muttertag, an dem man endlich einen Grund hat, den Müttern mal was zurückzugeben.

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Zwischen liebevollen Gesten und Alkoholexzessen – ein Blick auf den kommerziellen Aspekt von Mutter- und Vatertag. Foto: NZ-Grafik

Blumengeschäfte haben Grund zu Freude. Bald ist Muttertag, und der „Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber“ hat 1923 alles richtig gemacht – am 13. Mai hat dieser den Muttertag in Deutschland initiiert. Das hat sich durchgesetzt. Was schon viel früher aus weniger positiven Gründen entstand und mit Mütterrechten und Feminismus zu tun hatte, bedeutet heute: Geld, Geld, Geld.

Hauptsache es steht „Mama“ drauf

Es werden Pralinenschachteln gekauft, und weil auf der Verpackung „Beste Mama“ in Großbuchstaben steht, kann man dafür auch schon mal etwas mehr Geld verlangen. In Blumenläden klingeln die Kassen und nicht zu vergessen: Die Muttertags-Karte. Denn um der eigenen Mutter klarzumachen, dass man das, was man ihr vorher ins Gesicht gesagt hat, auch ernst meint, schreibt man es zusätzlich in eine Karte. „Alles Gute zum Muttertag“, steht drauf, innen drin nochmal dasselbe.

Auch die Werbeindustrie hat vor dem Muttertag viel zu tun. Denn wer kennt es nicht? Eine Frau mit einem strahlenden Lächeln nimmt ihre Kinder in den Arm. Diese haben ihr gerade Schokolade und einen Blumenstrauß geschenkt. Das Frühstück steht auch schon bereit, und alle setzen sich gemeinsam an den Tisch, um zusammen zu essen. Dann beginnt der nächste Werbespot.

Bier, Beten oder beides?

Einen großen Gegensatz zum Muttertag stellt zur heutigen Zeit der Vatertag dar. Die Väter sitzen an diesem Tag zumeist nicht mit der Familie am Tisch, sie treffen sich mit Kumpels und anderen Vätern, um Alkohol zu trinken, einige ziehen sogar mit dem Bollerwagen los. Oft geht es schon am frühen Vormittag los, so dass man auch früh wieder nach Hause gehen kann – um betrunken ins Bett zu fallen. Der Vatertag wird in jedem Jahr am selben Tag gefeiert wie Christi Himmelfahrt. Der Vater im Himmel soll geehrt werden, so auch der Vater auf Erden. Auf der Erde läuft das mit der Ehrung anders ab. Bier statt Beten heißt es hier.

Graviertes Glas oder lieber Sternschnuppen schenken?

Seit dem vierten Jahrhundert wird der Aufstieg Jesu in den Himmel bereits gefeiert, der religiöse Hintergrund des Tages ging bereits im Mittelalter verloren. Alkohol stand auch damals schon auf dem Tagesplan. Aber da steckt doch sicherlich kein kommerzieller Gedanke dahinter – oder doch?

Auch zum Vatertag kann man besondere Geschenke kaufen, wie beispielsweise eine eigene Sternschnuppe. Was gibt es Schöneres für einen Vater als ein Stück Stein, das angeblich mal durch den Himmel gesaust ist? Dazu noch ein Zertifikat, damit man auch weiß, dass das Steinchen tatsächlich eine Sternschnuppe ist. Und was gibt es im nächsten Jahr, wenn die Sternschnuppe in der Schublade mit Tüdelkram gelandet ist? Ein ganzer Stern, einen Teil des Mondes oder ein Planet wären doch mal was. Da bleibe ich doch lieber beim Bierglas mit eingravierten Namen.

Väter fallen an ihrem besonderen Tag auch besonders auf

In diversen Unfallstatistiken fällt der Vatertag besonders auf, und das nicht im positiven Sinne. Fast doppelt so viele Unfälle, die auf Alkoholkonsum zurückzuführen sind, passieren am Vatertag. Im Jahr 2020 waren es ganze 312 Unfälle – könnte aber auch am Lockdown zur Corona-Zeit gelegen haben. Da durfte man sich schließlich nicht in Gruppen draußen sehen lassen, sondern musste die Vatertags-Party heimlich zu Hause durchführen. Dagegen fallen die Frauen und Mütter am Muttertag nicht auf – die bekommen aber ja auch nur ein Frühstück und ein paar Blümchen.

Mein Fazit zum Mutter- und Vatertag

Meiner Meinung nach braucht es keinen Tag, um den Eltern eine Freude zu bereiten. Klar ist es nett, der Mutter am Muttertag ein Blümchen vorbeizubringen, das sollte aber nicht der einzige Tag sein – und vor allem nicht aus Pflichtgefühl passieren. Die Väter sollen am Vatertag machen dürfen, wonach ihnen ist, ohne dafür verurteilt zu werden – und wenn es eine Bollerwagentour mit den Kumpels ist. Wenn die Frauen dazu am Muttertag auch Lust haben, sollten sie genau das tun.

Feenke Hornbostel

Volontärin

Feenke Hornbostel ist in Bremerhaven geboren und in Schiffdorf aufgewachsen. Seit März 2024 ist sie Volontärin bei der NORDSEE-ZEITUNG in Bremerhaven.

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