Bremerhaven Ekaterina-Mord

Ekaterina B.: Das sagt die Freundin der Schwiegermutter

Ihre Freundin sei immer nervöser geworden. Das sei auffällig gewesen, sagt die Zeugin. Als dann der Koffer mit Leichenteilen angespült worden sei, da sei ihr klar geworden: Das kannst Du nicht für Dich behalten. Die Polizei sah das genauso.

Ein Mikrofon steht auf einem Tisch

An diesem Tisch nehmen die Zeugen Platz im Saal 218 des Bremer Landgerichts. Damit alle Prozessbeteiligten gut zu hören sind, hat jeder ein Mikrofon vor sich. Während der Verhandlung sind Fotografen nicht zugelassen. Foto: Hartmann

Es geht um die Schwiegermutter von Ekaterina B. und auch um deren Aussage, nicht ihr Sohn, sondern sie habe die 32-Jährige getötet. Vor dem Schwurgericht sitzt nun eine frühere Arbeitskollegin der 66-Jährigen, noch einmal ein paar Jahre älter als sie und längst im Ruhestand. Sie hätten einander sehr geschätzt bei der gemeinsamen Arbeit als chemisch-technische Assistentinnen in einem Labor, ja sogar verehrt, sagt die Zeugin. Seit 23 Jahren kennen sie einander, seit die Familie B. von Kasachstan nach Bremerhaven zog für ein besseres Leben.

Als sie hörte, dass die Schwiegertochter ihrer Freundin vermisst wurde, da habe sie gleich versucht, sie anzurufen. „Sie hatte sich immer negativ über sie geäußert“, sagt die Zeugin. Ihren guten Rat „halt dich da raus“ habe sie nicht hören wollen. Schon Monate vor dem Verschwinden der 32-Jährigen sei ihr aufgefallen, dass die Freundin immer nervöser geworden sei, sie habe angefangen zu rauchen. Vermutlich habe sie da bereits zusammen mit ihrem Sohn die Tat geplant, glaubt die Frau heute.

Minutenlange Sprachnachricht geschickt

Wenige Tage nach der Vermisstenmeldung habe ihre Freundin ihr eine Sprachnachricht geschickt und acht Minuten lang stakkato eine Geschichte erzählt, an dessen Ende sie den Eindruck gehabt habe: Da stimmt was nicht. Ekaterina sei mit dem größten Koffer, viel Geld und vermutlich gefälschten Papieren nach Russland verschwunden. Auch danach habe sie noch eine Nachricht erhalten, während ihre Versuche, die 66-Jährige zu erreichen, stets ins Leere geführt hätten.

Als der Koffer mit Ekaterina B. darin am Weserufer angespült wurde, da habe sie ihre Beobachtungen der Kriminalpolizei mitgeteilt. Die Beamten hätten sie später gefragt, ob sie Mutter und Sohn die Tat gemeinsam zutraue. „Da kamen mir die Tränen“, berichtet sie. „Weil mein Gefühl mir sagte, dass es so gewesen ist.“

Sie habe sich nach dem Tod der jungen Frau, die sie auch gekannt habe, immer wieder an ihre Freundin mit der Frage gewandt: Willst Du nicht mal reden?

„Sagt die Wahrheit. Das befreit Euch.“

Erst nach einem Monat habe sie zugestimmt. Die Zeugin hörte die Geschichte so, dass Ekaterina ihrem Mann Betäubungsmittel in den Wein gegossen habe. Damit er fest schlafe, wenn sie nachts die Koffer packe und gehe. Auf den Tod der Schwiegertochter habe ihre Freundin überhaupt nicht reagiert, geradezu gefühlslos sei sie gewesen. „Da habe ich ihr gesagt: Es sprechen doch so viele Indizien gegen Euch. Sagt die Wahrheit. Das befreit Euch.“ Eine derartige Schuld könnten sie und ihr Sohn ihr Leben lang nicht tragen, aber die 66-Jährige habe ihr nur gesagt: „Ich kann nicht.“

Nach drei Kaffee und zwei Stunden Gespräch habe Ekaterinas Schwiegermutter zu ihr gesagt: „Ich sage, dass ich es war.“ Dann komme ihr Sohn frei. „Aber wie hätte ich einen 70-Kilo-Koffer tragen sollen...“ und ihren Mann, der von alldem gar nichts wisse, den könne sie auch nicht allein lassen. Aber ihr Sohn habe aus der Untersuchungshaft geschrieben, „rette mich, hol mich hier raus“. Ihr Sohn habe nur einen Fehler begangen, habe sie gesagt. Als es geheißen hatte, an der Weser sei ein Koffer gefunden worden, da sei er sofort losgefahren an den Deich und sei auch dort festgenommen worden.

Bald nach dem Gespräch haben die Frauen den Kontakt zueinander abgebrochen, nach 23 Jahren Freundschaft. Als sie vom Geständnis ihrer einstigen Freundin hörte, da habe sie gedacht: „Hoffentlich glaubt ihr das Gericht nicht.“

Thorsten Brockmann

Chefreporter

Thorsten Brockmann ist gebürtig in Bremerhaven. Bei der NORDSEE-ZEITUNG arbeitet er seit 1989. Seine Themen: Kreuzfahrt, Wirtschaft und die Polizei.

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