Bremerhaven

Gutes tun und dabei Geld sparen: So werden Lebensmittel vor der Tonne gerettet

Lebensmittel sind teurer geworden. Sparen gehört in vielen Haushalten zum Alltag - und trotzdem landet jeden Tag tonnenweise Ware im Müll. Die Initiative Foodsharing rettet in Bremerhaven, was sie kann.

Christoph Hertel mit geretteten Weintrauben

Im „Fairteiler“ auf dem Zollinlandplatz in Bremerhaven Lehe werden regelmäßig gerettete Lebensmittel angeboten. Christoph Hertel gehört zu denen, die sie dort hinbringen. Foto: Levin Meis

Einhundertsieben Millionen Tonnen: So viele Lebensmittel hat die Initiative Foodsharing eigenen Aussagen nach seit ihrer Gründung im Dezember 2012 vor der Mülltonne bewahrt. Seit 2018 rettet Foodsharing auch in Bremerhaven.

Das Konzept der Initiative ist einfach: Lebensmittel, die von Supermärkten, Restaurants oder anderen Betrieben aussortiert werden und dann (eigentlich) in den Müll wandern würden, werden von ehrenamtlichen Foodsavern, wie sie sich nennen, abgeholt, weiterverteilt oder verarbeitet.

Christoph Hertel ist schon seit den ersten Monaten Teil von Foodsharing Bremerhaven. Durch seine Partnerin kam er mit der Initiative erstmals in Berührung. „Ich habe mich dann eingelesen und fand die Idee grundsätzlich gut“, erzählt der 37-Jährige.

13 Betriebe kooperieren in Bremerhaven mit Foodsharing

Damals befand sich das Konzept in Bremerhaven noch im Aufbau. Bis heute, fast fünf Jahre nach der Gründung, haben sich immer weitere Mitstreiter angeschlossen. „Heute sind wir etwa 60 Aktive, die mitmachen“, fasst Noemi Krebs zusammen, die Foodsharing in Bremerhaven ins Leben gerufen hat. Angefangen haben die Foodsaver mit Kooperationen auf dem Wochenmarkt. Dann kamen Bäckereien und Supermärkte dazu. Heute sind es etwa 13 Betriebe, die regelmäßig aussortierte Ware an die lokale Initiative weitergeben. Die meisten bevorzugen es, nicht genannt zu werden. Die Frequenz der Abholungen ist bei den Betrieben unterschiedlich: „Bei manchen wird täglich etwas abgeholt, bei anderen vielleicht einmal die Woche“, erklärt Noemi Krebs, die als eine von zwei Foodsharing-Botschafterinnen große Teile der Organisationsarbeit übernimmt.

Fairteiler auf dem Zollinlandplatz ist offen für alle

Als Minijobberin in einem Supermarkt bekam sie hautnah mit, wie viel unverdorbene Lebensmittel nach Ladenschluss im Müll landen. Das Wegwerfen stimmte Noemi Krebs nachdenklich: „Solange andere Menschen hungern, liegt es in unserer Verantwortung, dass wir möglichst wenig wegschmeißen.“ Die Langenerin brachte Foodsharing aus ihrem damaligen Wohnort Osnabrück in die Seestadt.

Christoph Hertel hat seitdem schon oft Lebensmittel gerettet. Meistens seien es Backwaren, Obst und Gemüse, die vom offiziellen Verkauf übrig bleiben. „Wenn ich etwas abhole, behalte ich das, was ich für meine Familie brauche“, erzählt er. Was dann übrig bleibt, bringt er anschließend in den sogenannten Fairteiler auf dem Zollinlandplatz in Lehe, einem Holzverschlag mit Kühlschrank. Dort können sich dann alle bedienen, die wollen. Komplett kostenfrei.

Aktive Abholer brauchen weniger Lebensmittel einzukaufen

In der Familienkasse von Christoph Hertel machte sich das bemerkbar. „Am Anfang habe ich weder Brot noch Obst und Gemüse gekauft“, berichtet er, „da haben wir schon einiges gespart.“ Die meiste Arbeit für die Foodsaver sei das Abholen und Verteilen der Ware. Beim Abgeben der Lebensmittel an Bekannte oder über den Fairteiler gelte immer der Grundsatz, nur das weiterzugeben, was man selbst noch verzehren würde. „Das meiste ist noch mega gut“, sagt Hertel.

Das Essen, das im Fairteiler landet, sei grundsätzlich für alle da und liege nicht nur für Bedürftige bereit. Wichtig sei, dass es nicht weggeworfen werde. „Vorbeischauen lohnt sich immer“, sagt Hertel.

Auch wer nicht direkt bei Foodsharing aktiv sei, könne Lebensmittel in den Fairteiler legen. Zum Beispiel, wenn der Kühlschrank vor dem Urlaub noch voller verderblicher Produkte ist.

Mitmachen kann jeder, der Lust hat, sich zu engagieren

Wer sich regelmäßiger engagieren möchte, ist herzlich willkommen, sagt Botschafterin Noemi Krebs. Über foodsharing.de müssen Interessierte sich mit den Grundsätzen der Initiative vertraut machen und anschließend ein Quiz bestehen, das den Kontakt zu den Botschafterinnen ermöglicht. Die organisieren dann drei Probeabholungen. Bevor Abholungen selbstständig durchgeführt werden können, bekommen die Anwärter einen Ausweis, der sie als Foodsaver identifiziert.

Gleichermaßen gelte die Kontaktaufnahme für Betriebe, die ihre überschüssige, unverdorbene Ware vor dem Müll bewahren wollen. „Wir versuchen weiter, neue Kooperationen zu schließen“, bemerkt die Studentin. Denn durch Ware, die in genießbarem Zustand im Müll lande, werde nicht nur unnötig Wasser und Energie verbraucht, „die Arbeit der Landwirtschaft wird nicht wertgeschätzt“, sagt Noemi Krebs.

Levin Meis

Volontär

Als gebürtiger Ostwestfale ist Levin Meis nach einem Studium der Medienkulturwissenschaft und der Geschichte ganz im Süden Deutschlands, in Freiburg, in den hohen Norden gekommen. Bei der NORDSEE-ZEITUNG lernt er als Volontär das Handwerk des Journalisten in allen Facetten.

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