Ein beinahe spitzbübisches Lächeln huscht über das Gesicht von Helene Daiminger als sie von einem Auftritt der Müllfischer bei der Bremer Eiswette in den 1980er-Jahren erzählt. Wie immer hatte sie die Mächtigen in dem Szenen-Potpourri ordentlich unters moralische Brennglas gelegt, ihre Winkelzüge seziert und nach Müfi-Manier unter die Nase gerieben. Quittiert hatten die honorigen Herren den Auftritt, indem sie die Müfis mit Klo-Rollen und Kronkorken bewarfen. „Die anwesenden Bremerhavener Politiker haben sich dann mit uns solidarisch erklärt und uns aus dem Saal begleitet“, rundet die einstige Schulleiterin die Anekdote augenzwinkernd ab.
Dicht dran war sie stets, ganz dicht dran an den Mächtigen. Wohl kaum eine fiese Machenschaft, die nicht Gefahr lief, als Schlüsselszene des nächsten Kabarett-Programmes gnadenlos ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt zu werden.
Helene Daiminger traf damit offenbar den Nerv der Zeit. Gestartet in den 1980er-Jahren mit Vorstellungen vor rund 70 Zuschauern, war schließlich das Gemeindehaus der Lukas-Kirche stets bis auf den letzten Platz während der gesamten Spielsaison ausverkauft. Später füllte die Fan-Gemeinde zusätzlich noch für mehrere Vorstellungen das Große Haus des Stadttheaters.
Dort trafen die Zuschauer alle Jahre wieder auf gute alte Bekannte wie „Käferchen und Bärli“, die „Putzfrauen“ und die „Penner“. Die hatten regelmäßig brisanten, hochaktuellen Gesprächsstoff, der sich zumeist um kommunale und bundespolitische Possen drehte und in messerscharf zugespitzte Bühnendialoge mündete.
Landesväter und Polizeichefs sind unter den Zuschauern
Kurioserweise übte der Stoff nicht nur eine Anziehung auf das gemeine Publikum aus, sondern auch auf die, denen Helene Daiminger und das Ensemble auf den Zahn fühlten: auf Politiker. Und zwar sowohl vor als auch auf der Bühne.
„Von Hans Koschnick über Henning Scherf bis zu Andreas Bovenschulte haben bremische Landesväter unsere Vorstellungen besucht. Ebenso wie Bremerhavener Oberbürgermeister, angefangen von Werner Lenz bis zu Melf Grantz“, zählt die Autorin, Regisseurin und Organisatorin in Personalunion auf. Zahlreiche Stadtverordnete und Polizeichefs saßen ebenfalls alljährlich im Zuschauerraum.
„Mir ist nicht bekannt, dass irgendwer mal richtig böse die Veranstaltung verlassen hätte“, blickt sie zurück. Die Kritisierten nahmen es sportlich. „Ich denke, das lag daran, dass die Kritik humorvoll verpackt war und entsprechend vorgetragen wurde.“ Dafür, das betont Helene Daiminger, war vor allem das zum größten Teil über viele Jahre hinweg zusammengehörige Ensemble verantwortlich: „Die waren so gut aufeinander eingespielt, dass teilweise eine einzige Woche Proben genügte, um das Programm bühnenreif zu machen.“
Politiker gehören auch zum Ensemble
Dass auch Politiker einen Reiz dabei verspürten, Missstände als Müfis auf der Bühne satirisch aufzuarbeiten, scheint der künftigen Trägerin des Bundesverdienstkreuzes nicht ungewöhnlich: „Im Prinzip hat nur Hilde Adolf bei den Müfis aufgehört. Und zwar als sie in Bremen Senatorin wurde“, erinnert sie sich. Der ehemalige Schul- und Kultur-Dezernent Dr. Wolfgang W. Weiß zählte trotz seiner politischen Aktivität viele Jahre zum Ensemble. Ebenso wie der ehemalige Oberbürgermeister und spätere Bundestagsabgeordnete, Manfred Richter, der den Müfis sogar bis zu ihrem Ende im Jahr 2020, im 40. Jahr des Bestehens also, als Akteur die Treue hielt.