Moin

Warum mein selbst gestrickter Pullover für immer ein Pullunder blieb

Wie KZW-Reporter Detlef Glückselig einst das Stricken gelernt und warum er es schnell wieder gelassen hat.

Zwei links, zwei rechts, eine fallen lassen: Bei uns im Haus klackern neuerdings die Stricknadeln. Meine Frau hat eine alte Leidenschaft für sich wieder entdeckt. Sie hat damit begonnen, Socken zu stricken.

Das klappt erstaunlich gut, obwohl sie ziemlich aus der Übung war. Sie musste aber nur ein Bild von ihrem Garn in ihren WhatsApp-Status stellen, und schon gab es gute Tipps von Freundinnen und Nachbarinnen. Für den Rest guckt man sich heutzutage das eine oder andere auf YouTube ab, und schon wächst die Socke in einem Tempo, dass der unbedarfte Gatte nur staunen kann.

So unbedarft ist er allerdings gar nicht. Wer in den 80er-Jahren jung und womöglich noch Student war, tat gut daran, das Thema Emanzipation nicht komplett zu ignorieren. Ich wollte nicht den Spielverderber geben und befand, dass es ein guter Beitrag zur Gleichberechtigung sei, das Stricken zu erlernen.

Meine damalige Freundin zeigte mir die Basis-Handgriffe und rüstete mich mit Nadeln aus. Ich besorgte mir blaue und grüne Wolle und legte los. Das Ziel war ein Pullover, und der nahm, weil ich mich nicht allzu ungeschickt anstellte, tatsächlich erstaunlich rasch Form an.

Alles hätte zu einem schönen Ende kommen können, hätte nicht eines späten Nachmittags mein Mitbewohner im Studentenwohnheim ohne anzuklopfen meine Zimmertür aufgerissen und mich dabei ertappt, wie ich im Schneidersitz auf meinem Bett hockte und strickte. Nachdem er sich von seinem Lachanfall einigermaßen erholt hatte, fragte er nur „wie uncool ist das denn?“ und knallte meine Zimmertür wieder zu.

Nun musste ich mich entscheiden: Wollte ich mich wirklich gegenüber meinen Kumpels der Lächerlichkeit preisgeben, nur um bei einigen Kommilitoninnen mit Selbstgestricktem zu punkten? Nein, wollte ich nicht. Ich legte die Stricknadeln beiseite. Und so ergab es sich, dass der Pullover über einen Pullunder nicht hinauskam. Getragen habe ich ihn nie. Für die damalige Zeit war die Farbkombination einfach zu gewagt.

Detlef Glückselig

Redaktionsleiter

Er ist mit Leib und Seele Lokaljournalist. Seit 1984 berichtet er aus der Wesermarsch. Es sind die Menschen und ihre Geschichten, die ihn interessieren. Der 56-Jährige ist aktuell für die Gemeinde Butjadingen zuständig und der Redaktionsleiter der Kreiszeitung.

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